Nikotin verändert das Gehirn

Nikotin erreicht schon wenige Sekunden nach einem Zug an einer Zigarette das Gehirn. Aktuelle Studien zeigen, dass das Gehirn Jugendlicher nicht nur anders auf Nikotin reagiert als das von Erwachsenen. Das jugendliche Gehirn wird auch langfristig verändert, mit weitreichenden Folgen.

Jugendliche ticken anders. Nicht nur äußerlich befinden sich Teenager in einer wichtigen Umbruchzeit. Auch ihr Gehirn gleicht in der Pubertät einer Wanderbaustelle. Eine Vielzahl von neuen Nervenverbindungen werden zwischen den Hirnarealen aufgebaut und nicht mehr benötigte abgebaut. Sind die Bauarbeiten abgeschlossen, ist das „Straßennetz“ im Gehirn nicht größer geworden, sondern funktioniert besser, weil es einen schnelleren Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Bereichen des Gehirns ermöglicht. Die Struktur des erwachsenen Gehirns wird somit maßgeblich in der Jugend angelegt. 

Forscherinnen der University of California in den USA haben alle Studien zu der Frage, wie Nikotin auf das jugendliche Gehirn wirkt, gesammelt. Ihr Fazit, nachdem sie alle Studien gelesen und ausgewertet hatten: Nikotin, egal ob aus Tabak oder E-Zigaretten, hat einen langfristigen negativen Einfluss auf das sich entwickelnde Gehirn und macht es empfindlicher für die Wirkung anderer Drogen.

Verstärkte Ausschüttung von Hirnbotenstoffen

Studienleiterin Menglu Yuan und ihr Team konnten aufzeigen, dass Nikotin bei Jugendlichen eine stärkere Gehirnaktivität verursacht als bei Erwachsenen. Im Gehirn bindet Nikotin an sogenannten „nikotinergen Rezeptoren“, was eine Art Dominoeffekt nach sich zieht. Verschiedene Neurotransmitter wie Acetylcholin, Dopamin und Serotonin werden verstärkt ausgeschüttet. Neurotransmitter stellen chemische Verbindungen zwischen Nervenzellen her und gewährleisten so die elektrische Reizweiterleitung.

Der Botenstoff Dopamin beispielsweise spielt eine wichtige Rolle bei der Suchtentwicklung. So wird das Dopaminsystem in der Jugend grundlegend neu organisiert. Deshalb reagieren Dopaminrezeptoren im Gehirn von Jugendlichen sensibler auf Nikotin als bei Erwachsenen. Jugendliche erleben dadurch einen stärker belohnenden Effekt durch Nikotin als Erwachsene. Das bedeutet auch: Sie entwickeln schneller eine Abhängigkeit.

Der Einfluss von Nikotin auf die Hirnentwicklung hat konkrete Folgen für den Alltag. Studien zeigen, dass der Konsum von Nikotin im Jugendalter sogar die Denkleistungen als Erwachsener beeinflussen kann. Erwachsene, die als Jugendliche geraucht hatten, zeigten in diesen Untersuchungen eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne. Außerdem neigten sie stärker zu impulsivem Verhalten – keine idealen Voraussetzungen für gute Leistungen in Schule und Beruf. 

Empfänglichkeit für andere Drogen erhöht

Nikotin bewirkt im jugendlichen Gehirn darüber hinaus sogenannte epigenetische Veränderungen. Dabei wird zwar nicht die DNA, also das Erbgut des Menschen verändert, aber die Art und Weise, wie Informationen aus der DNA ausgelesen werden. Die Folge: Die Andockstellen (Rezeptoren) im Gehirn werden auch empfänglicher für andere Drogen, wie zum Beispiel Kokain. Nikotin könnte somit eine Art Einstiegsdroge sein, weil das Gehirn in der Folge besonders sensibel auf die Wirkung von Kokain reagiert.

Studien zeigen zudem, dass diese Veränderungen bei Jugendlichen schon nach wenigen Zigaretten ausgelöst werden können. Ähnlich wie ein Fußabdruck auf frisch gegossenem Asphalt kann Nikotin in der Phase der Hirnentwicklung somit dauerhafte negative Folgen nach sich ziehen. Am besten ist es daher, gar nicht erst mit dem Rauchen zu beginnen. Denn der Schritt vom gelegentlichen Rauchen zum Gewohnheitsrauchen ist oft sehr kurz. Und wer doch raucht, sollte möglichst bald damit aufhören.

Autoren und Quellangaben

Erstmals veröffentlicht: 22.07.2015; aktualisiert: 18.05.2020

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